Am Donnerstag, 30.01.2025, fand in der Alten Reithalle der Thun EXPO eine öffentliche Veranstaltung zum Thema „Herausforderung Rotwildjagd“ statt, die vom Jagdinspektorat des Kantons Bern organisiert wurde. Durch das Programm leitete die seit nunmehr einem Jahr amtierende Jagdinspektorin Nicole Imesch. In ihrer Begrüssungsansprache brachte sie ihre Freude darüber zum Ausdruck, dass die Jägerschaft der Einladung so zahlreich gefolgt ist. Es dürften etwa 550 Jägerinnen und Jäger gewesen sein, was das grosse Interesse an diesem aktuellen Thema unterstreicht. Die Rothirschjagd steht in einem Spannungsfeld zahlreicher Interessen. Steigende Bestände und die Intelligenz der Tiere stellen sowohl das Jagdinspektorat als auch die Jägerschaft vor Herausforderungen, die im Rahmen der Veranstaltung ausführlich erläutert und diskutiert wurden.

Der Abend begann mit einem Inputreferat von Ueli Nef von der WildPunkt Nef GmbH. In seinem interessanten Vortrag stellte er praxisorientierte Empfehlungen für die Jägerschaft und für die Jagdverwaltung vor. Ein mehrfach angesprochener Hinweis betraf die Jagdzeiten und das Geschlechterverhältnis der Jagdstrecken. Jagdzeitverlängerungen seien tendenziell kritisch zu betrachten, da sich Rotwild mit Ruhe besser lenken lasse als mit Jagddruck. Wer Rotwildbestände regulieren möchte, müsse beim weiblichen Wild ansetzen, so Nef. Der Hirsch trägt jedoch ein Geweih, Hirschkühe hingegen nicht. Daher seien Instrumente der Jagdplanung unumgänglich, um den gewünschten Anteil weiblicher Tiere zur Strecke zu bringen, führte Nef weiter aus.

Im Anschluss präsentierte Maik Rehnus vom Jagdinspektorat Bern die aktuellen Zahlen zur Jagd im Jahr 2024. Er gab einen Überblick über die Entwicklungen und Trends der Rotwildpopulation sowie die Ergebnisse der Jagdstatistik. Die erstmals im Jahr 2024 eingeführte Massnahme, dass männliches Rotwild erst ab der. 2. Jagdwoche jagdbar wurde und auch Drückjagden während der ersten Jagdwoche untersagt blieben, zeigte positive Auswirkungen. So konnte der Anteil erlegter weiblicher Tiere u.a. aufgrund dieser Massnahme von 50% auf 65% gesteigert werden. Zudem wurde eine neue Rekordzahl von 1130 Rothirschen auf der Berner Jagd 2024 erlegt, womit die Ziele der Abschussplanung in den meisten Wildräumen erreicht werden konnten. Die unterschiedlichen Rotwilddichten stellen die Jagdplanung jedoch vor regional unterschiedliche Herausforderungen.

Der dritte Vortrag des Abends wurde von Michel Brügger vom Amt für Wald und Naturgefahren gehalten. Er sprach über die Bedeutung der Rothirschregulation für den Wald und zeigte die vielfältigen Aufgaben auf, die die Berner Wälder zu erfüllen haben. Brügger erläuterte, wie regional hohe Rotwilddichten zu teils erheblichen Schäden an Waldbeständen führen können und zeigte eine Karte, auf der die regionalen Problemgebiete, die sich hauptsächlich im Osten des Kantons Bern befinden, eingezeichnet waren. Die Regulation des Rotwilds sei eine entscheidende Massnahme zum Erhalt der Waldökosysteme, so Brügger weiter.

Nach den drei Vorträgen folgte eine angeregte Podiumsdiskussion, moderiert durch Nicole Imesch. Auf dem Podium standen die Referenten Ueli Nef und Michel Brügger sowie Lorenz Hess, Präsident des Berner Jägerverbands, Bernhard Ruchti, Präsident des Berner Wildhüterverbands und die beiden Rothirschjäger Fabian Baumann und Mario Bohren. Die Fragen aus dem Publikum, aber auch die Erläuterungen der Podiumsteilnehmer, zeigten, wie unterschiedlich die Ansichten bezüglich der Rotwildjagd sein können. Flexibilität im Jagdbetrieb und Vertrauen zwischen den unterschiedlichen Interessensvertretern rund um die Jagdplanung seien zentrale Voraussetzungen, damit die Gemeinschaftsaufgabe Rotwildregulation gelingen könne. Daran müsse man gemeinsam arbeiten, so Jagdinspektorin Imesch.

In ihrem Fazit zum Abend fasste sie die wesentlichen Punkte zusammen und betonte, dass sie und ihr Team die vorgebrachten Anliegen der Jägerschaft und der Waldbesitzer ernst nehmen werden. Dabei dürften wildbiologische Aspekte nicht zu kurz kommen, so auch bei der Vermeidung der Nachtjagd auf den Rothirsch. Solange die Bedürfnisse des Hirsches bzw. aller Wildtiere und des Waldes bei den Entscheiden mitberücksichtigt werden, sei man auf gutem Weg.

Zum Schluss bedankte sich Imesch bei allen Mitwirkenden für den Anlass, das Format soll Einzug halten als Fixpunkt im Programm des jährlichen Thuner Pelz- und Fellmarkts.